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Folgender Bericht wurde in der Jubiläumsausgabe „50 Jahre Bad Oeynhausener Anzeiger“ veröffentlicht:

Ab 1922 gewann die Verkehrsluftfahrt in Deutschland an Bedeutung. Es war der Ehrgeiz einer jeden größren Stadtgemeinde, sich einen Flugplatz anzulegen, um in das deutsche Luftverkehrsnetz einbezogen zu werden.

In Bad Oeynhausen ging die Anregung dazu von privater Seite aus. Als im Frühjahr 1924 die ersten Flugversuche, welche die Firma S. Fuhrken in der Flutmulde der Werre mit fremden Flugapparaten unternehmen ließ, an der Ungunst des Geländes gescheitert waren, ergab sich für eine Weiterentwicklung, dieser zunächst bescheidenen Anfänge, die Notwendigkeit, einen hinreichend großen Flugplatz mit massiver Halle anzulegen.

Es wurde nunmehr ein am linken Werreufer, unweit des Sieles gelegenes Gebiet, von etwa 15 Hektar Größe, das für landwirtschaftliche Zwecke zum Teil wenig geeignet war, auf 6 Jahre gepachtet, eingeebnet und als Flugplatz konzessioniert. Zur flugpolizeilichen Überwachung des Platzes, wie des ganzen Regierungsbezirkes Minden, mit Ausnahme von Paderborn, wurde eine staatliche Polizeiwache, mit Sitz in Bad Oeynhausen, eingerichtet.

Bereits an den Pfingsttagen 1924 wurden auf dem neuen Platz, unter großer Beteiligung der Bevölkerung, die ersten Flugtage veranstaltet, denen weitere folgten.

Die Kosten für die Platzanlage konnten nicht von einer einzelnen Firma aufgebracht werden. In der Erkenntnis, dass ein eigener Flugbetrieb für den Badeort ein ausgezeichnetes Werbemitte war und für die Heranziehung zahlungskräftiger Besucher sorgen würde, begeisterten sich indessen bald weitere Kreise der Stadt für ein derartiges Projekt und waren zur Hergabe der erforderlichen Geldmittel bereit. Durch Vertrag vom 2. Juli 1924 zwischen der Stadt, der Badeverwaltung (Preußag), den Firmen Fuhrken / Bad Oeynhausen und Junkers / Dessau, sowie drei einheimischen Vereinen, wurde ein gemischtwirtschaftliches Unternehmen, die „Westflug G.m.b.H, mit einem Stammkapital von 82.000 RM errichtet. Dieses Unternehmen sollte die Übernahme, Ausgestaltung und Verwaltung des Flughafens und die Ausführung von Flügen zum Zwecke haben. Obwohl die Eintragung der Firma in das Handelsregister zu Bad Oeynhausen erst am 13. März 1925 erfolgte, konnte auf Grund des Vertrages doch schon im Spätherbst 1924 eine Flugzeughalle mit Büro – und Nebenräumen von der Bad Oeynhausener Firma Timmerberg & Brünger, zum Preise von über 21.0000 RM, erbaut werden.

In den folgenden Jahren 1925 und 1926 entfaltete die junge Gesellschaft eine rege fliegerische Tätigkeit, die sich auch auf zahlreiche auswärtige Flugplätze erstreckte. Sie schuf sich dadurch in Fachkreisen einen geachteten Namen. Ihre Leistungen drücken sich in folgenden Zahlen aus:

Für die hervorragende Durchführung von Rundflügen mit Wasserflugzeugen auf dem Rhein, während der „Gesolei – Ausstellung“, in Düsseldorf im Jahre 1926, wurde die Westflug von der Ausstellungsleitung mit der Goldenen Medaille ausgezeichnet. („Gesolei“ scheint ein, in den 20er Jahren allseits bekannter, Ausdruck zu sein. Es war der Name für die „Ausstellung für Gesundheitspflege, soziale Fürsorge und Leibesübungen“. Die fand 1926 in Düsseldorf, auf einem 120.000 qm großen Gelände, direkt am Rhein statt.

Die Fotos zeigen: Der Flugplatz der „Westflug“ in Werste.

Dann folgte dieser erfreulichen Entwicklung ein jäher Rückschlag, als am 16. Mai 1927 der größte Teil der Flughalle mit vier Flugzeugen und einem Automobil durch Feuer vernichtet wurde. Obwohl der Schaden durch Versicherung gedeckt war, konnte ein Wiederaufbau der Halle vorerst nicht aufgenommen werden, da die Zeit für den Ablauf der Platzpacht näher gerückt war. Andererseits hatte die Westflug, die im Gegensatz zu anderen Flugunternehmen, vom Reiche nicht subventioniert worden war, in den Vorjahren mit Verlust gearbeitet und ihr gesamtes Kapital eingebüßt. Mit der Errichtung einer völlig unzureichenden Nothalle musste man sich bis heute begnügen.

Die Wiederbelebung des Flugplatzes, der zu der Zeit fast nur von Flugzeugen für Notlandungen aufgesucht wird, ist so zu denken, dass die Westflug, deren alleinige Anteilseigner jetzt nur noch die Stadt und die Badeverwaltung sind, nach Abschluß langfristiger Pachtverträge lediglich die Wiederherstellung der Flugzeughalle und die Verwaltung des Platzes besorgt. Die hierfür notwendigen Zuschüsse können von den Gesellschaftern nur getragen werden, wenn die Pachtzinsen für den Platz eine wesentliche Ermäßigung erfahre. Es ist begründete Aussicht vorhanden, dass sich dann ein Unternehmen für Gelegenheitsflüge auf dem hiesigen Flugplatz ansiedeln wird. Zu wünschen bleibt das Anfliegen Bad Oeynhausens, auf einer planmäßig betriebenen Luftverkehrsstrecke mit zu wirken. Das möge nicht an der Höhe des Zuschußbedarfes scheitern!

Foto 1: Junkers Flugzeuge, scheinbar nach dem Brand der Halle.
Foto 2:  Als die Werre – Wesermündung noch ein Badeparadies war.

Es ist später der Wunsch von ein paar Idealisten geblieben, in Bad Oeynhausen einen ordentlichen Flugplatz zu betreiben, der ans das Verkehrsflugnetz angeschlossen war. Das wäre heute wohl auch nicht vorstellbar!

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