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In „Volmsen“ konnten auch Blinde Wildschaden schätzen.

Schon früher war  der Wildschaden  ein unerfreuliches Thema. Im Scherz wurde  oft erzählt, daß in Gegenden mit Hochwild, auf manchem Hof der Sohn, der sich schlecht geführt hatte, den Hof erbte und der gut gelittene Nachkomme den Wildschaden. Über eine  Wildschadensmeldung in Volmerdingsen wurde am 18.11.1895 berichtet. Dort gab der Arbeiter F.H folgendes zu Protokoll: „Ich sah die Fußspuren dieser Tiere (Sauen), die aus dem Berg gekommen waren und auch wieder den Rückweg dorthin genommen hatten. Ich beantrage, den Jagdpächter anzuhalten, mir den Schaden zu ersetzen.“ Unterschrift: Wegen Blindheit nicht unterschrieben.

Dieser Schaden wurde vom Jagdpächter gütlich geregelt. Er erklärte sich bereit, Saatgut zur Neueinsaat zu liefern und den tatsächlichen Schaden zwei Tage vor der Ernte abzuschätzen. Diese interne Vereinbarung wurde schriftlich niedergelegt und von  F. H. gut leserlich mit vollem Namen  unterschrieben. Am 13.2.1896 machte F. H. erneut Wildschaden durch Sauen geltend. Darunter stand wieder: Wegen Blindheit nicht unterschrieben. Diese großzügige Wildschadensegelung sprach sich herum. Fast alle Besitzer von Grundstücken am Wiehen meldeten Wildschaden an und verlangten Entschädigung. Mehrere Bürger aus Volmerdingsen und Eidinghausen erklärten am 14.6.1896, daß Sauen zu Schaden gegangen seien. Hinweise auf den Aufenthaltsort der Schwarzkittel wurden   so beschrieben: „Dieselben müssen in den Tannendickichten oberhalb von Volmerdingsen oder bei „Luttern“ ihre Schlupfwinkel haben.“ Außerdem wurde von den Anwohnern eine großangelegte Jagd auf die Schwarzkittel gefordert. Wie es weiter gegangen ist, ist nicht bekannt. Hinzufügen muß man aber, daß Sauen zur damaligen Zeit eine ausgesprochen Seltenheit in unseren Revieren gewesen sind. Mir selbst ist nicht bekannt, daß in alten Streckenmeldungen erlegtes Schwarzwild aufgeführt worden ist. Zum ersten Mal habe ich etwas über Schwarzwild gehört, als Hermann Rolfsmeier, um 1960, in seiner Eigenjagd „Gut Deesberg“, auf dem Aak ein Stück Schwarzwild beschossen hatte. Das kam aber nicht zur Strecke.

Foto: Wenn das unsere Altvorderen erlebt hätten.

Jagd auf Spatzen und Würste.
Jugenderinnerungen meines Freundes Fritz Borsdorf. Opitz, unser gemeinsamer Freund, der Forstdirektor Hans – Alfred Oppermann.

Von Horst Jäcker

Mein Freund Fritz Borsdorf ist kein Jäger.  Er war  dem Weidwerk und den Männern der „Grünen Zunft“ aber immer auf’s Engste verbunden. So gehörte er zu den ständigen Besuchern des sonntäglichen Jägerstammtisches im „Badehaus 8“.  Weil Fritz sehr lange an „Schnatsmeiers Busch“ sein Zuhause hatte, nannten wir ihn auch auf Plattdeutsch:  „Frittken van Schnatsmeiers Busch“.

Fotos: Fritz Borsdorf wird 2014 93 Jahre alt.

Ein Jugendfreund von Fritz  war Hans – Alfred Oppermann. Der studierte Forstwirtschaft, war als Förster tätig und wurde danach Leiter der Waldarbeitsschule, N. R. W. in Neheim – Hüsten. Im Ruhestand lebte Forstdirektor i. R. Hans – Alfred Oppermann wieder in seiner Heimatstadt, auf   einem kleinen Bauernhof in Oberbecksen, der von ihm liebevoll „Höfchen“ genannt wurde.

Nach der Rückkehr in seine Heimat war auch ich mit Hans – Alfred, einem begnadeten Forstmann, befreundet. Ich habe ihn oft auf seinem „Höfchen“ besucht  und mich mit ihm  über Waldbau unterhalten. Dabei bin ich  mit ihm durch seine Anpflanzungen, rund um seinen Hof, gegangen. Dort konnte man alle Bauarten erleben, die es in   deutschen Wäldern gibt. Die forstliche Handschrift von  Hans – Alfred wird im Oberbecksener „Fuchsgrund“ noch in 100 Jahren zu lesen sein.

Foto 1: Das Höfchen
Foto 2 und 3: A
lfred, Christiana & Thomas Oppermann

Vorliebe der heutigen Forstwirtschaft für Laubholz, hat  mir Hans – Alfred  Oppermann  folgendes empfohlen: „Vergeßt nicht Inseln mit Nadelholz zu pflanzen, denn das sind die „Warmen Stuben des Wildes“. Daran denke ich oft. Ich setze Alfreds Empfehlungen bei Neuanpflanzungen auf dem „Triebscheiderhof“  noch heute  in die Tat um. Zum Wohle unseres Wildes!

Und hier die Aufzeichnungen von Fritz Borstdorf:

Spatzenjagd mit Opitz.

Jetzt erzähle ich von einem Freund, einem ganz hellen, aber einen Kopf kleineren, Kameraden. Es ist Hans – Alfred Oppermann, den wir „Opitz“ nannten. Sein Vater war Amtsgerichtsrat, der in die Walderseestraße zog, in das Haus von Rektor Schürmann, neben dem evangelischen Gemeindehaus. Mit „Opitz“, dem stolzen Besitzer eines Luftgewehres, verbinden mich viele gemeinsame Erlebnisse. So ein Schießeisen, wie es mein Freund hatte,  war schon immer mein Traum, den mir der Weihnachtsmann im Jahre 1931 erfüllte. Meine Freude war besonders groß, weil ich nun zusammen mit „Opitz“ auf Spatzenjagd gehen konnte. Nach jagdlichen Erfolgen wurden die Spatzen gerupft, ausgenommen und auf offenem Feuer gebraten. Die Pfanne dazu rückte meine Mutter heraus und dann ging’s los. Spatzenbraten mit Soße, hei, das war eine Sache, immer noch mehr Wasser und Mehl darauf, so, daß wir zum Schluß mehr Bratensoße hatten, als unsere Mutter von einer ganzen Ente. Alle probierten und fanden das Essen herrlich. Wir drei, Opitz, Kurt und ich, brauchten gar nichts mehr zu Mittag zu essen, so gesättigt waren wir. So ging dieser Sommer mit Scheibenschießen, Spatzen und Drosseljagden zu Ende. Dann kam im Herbst der große Knall: Es waren kaum noch Spatzen da, alle tot geschossen oder ausgewandert. Darum planten wir etwas Originelles, wie wir in unserem kindlichen Gemüt meinten. Vom Garagendach konnte man durch ein Lamellenfenster in Schlachter Niemeiers Räucherkammer sehen. Dort hingen reihenweise die Würste im Rauch. Hei, was für eine wunderschöne Zielscheibe waren für uns Niemeiers Würste! Wir schossen nicht in die Wurst, sondern sportlich, wie wir waren, versuchten wir die Bindfäden zu treffen, an denen die Würste aufgehängt waren. Und tatsächlich trafen wir auch hin und wieder. Das wäre nicht aufgefallen, wenn Niemeiers Hund  Nero nicht die Tür aufgestoßen und sich die herunter gefallenen Leckerbissen zu Gemüte geführt hätte. Dies wiederum bemerkte Schlachtermeister Niemeier und plötzlich ging ein ohrenbetäubendes Geschrei los. Es war der alte Niemeier, der ehe man sich’s versah, in der Räucherkammer stand und uns Kunstschützen entdeckte. Wenn dieser Mann brüllte, zitterten in der evangelischen Kirche die Glocken, so eine gewaltige Stimme hatte er. Die Schießerei wurde teuer, denn unsere Väter hatten den entstandenen Schaden in Höhe von RM 80 zu bezahlen. Deshalb konfiszierten sie für den Rest des Jahres unsere Gewehre, gaben uns acht Tage Stubenarrest und eine Tracht Prügel.

Nach abgesessenen Arrest bauten wir Buden und schliefen dann und wann auch in diesen Hütten. Manchmal wurde, statt der Bude, auch ein Zelt gebaut. Dazu nahmen wir das Inlett eines Bettes, woher wir es hatten, weiß ich auch nicht mehr. Das Inlett war durch das sehr dichte Gewebe fast wasserdicht. Wir fühlten uns dann als Indianer, als Old Shatterhand und Winnetou mit Old Wabble und eine Squaw hatten wir auch. Das war Annemie, die bei diesen „Männerspielen“ ausnahmsweise dabei sein durfte. Den Kopf zierte ein Indianerkopfschmuck aus Taubenfedern. Wenn Opitz’ Vater zur Jagd gewesen war, gab es auch mal Fasanenfedern.

So verbrachten wir in einer noch friedlichen Zeit eine lustige Jugend. Die war aber durch Krieg und Entbehrungen schon bald vorbei.

Der wilde Schmied

Aus der Neuen Westfälischen

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