Mit der Vössener Fähre kamen die Zwerge nach Rehme.

Früher war auf der Rehmer Insel  ein wichtiger Umschlagshafen. Ostpreußisches Korn wurde in Bad Oeynhausen gemahlen und im Emsland verbacken. Heute ist dort ein Paradies für Radler, Wanderer, Wassersportler und Freizeit suchende Menschen.

Von Horst Jäcker.

Wenn man, wie ich, in Babbenhausen und Rehme aufgewachsen ist, dann hatte man schon immer eine enge Verbindung zur Rehmer Insel. Während ich die Flussufer dort schon in frühester Kindheit, beim Schwimmen und Angeln kennengelernt hatte, so habe ich später den größten Teil meines beruflichen Lebens dort verbracht. Heute ist das schöne Stückchen Erde an Weser und Werre, das uns Rehmern, nach dem vielen Straßenbau ringsum, noch erhalten ist, ein gern besuchter Fleck.

Am 21. Juni 1936 berichtete eine Tageszeitung folgendes: „Wohl jeder Paddler kennt die Rehmer Insel, diesen idyllischen Lager – und Aufbauplatz. Dort, wo die Werre ihre Fluten langsam in die Strömung der Weser ergießt. Gleich hinter Oeynhausen zweigt, vor der Werrebrücke, ein Feldweg rechts ab. Er führt zum Angler – und Paddler-Paradies. Die Werre steht an dieser Stelle fast still. Auf dem träge dahin fließenden Wasser schaukeln leicht große, aneinander gekoppelte Holzflöße, die die Weser abwärts gekommen sind und hier, im stillen Seitental, an Land gebracht werden. Die Rehmer Insel, die gar keine Insel ist, sondern bestenfalls eine Halbinsel, hat aber noch eine andere Bedeutung für die heimische Industrie. Rehme ist als Umschlaghafen für Oeynhausen ein sehr wichtiger Standort. Gleich hinter dem Sportplatz steht ein zweistöckiges Pfahlhaus, das Lagerhaus der Oeynhausener Mühlenwerke Koch. Hier legen die großen Lastkähne an und löschen die Frachten, meist Getreide, das von weither kommt. In der Hauptsache ist es ostpreußisches Korn, das hier in Oeynhausen vermahlen wird.

Leider ist es unerwähnt geblieben, wohin die Zwerge gezogen sind. Sehr nahe liegend ist jedoch die Annahme, dass ihr Weg Richtung „Rehmer Insel“ führte, von dort zum „Alten Fährhaus von Ditzen“ und, dass sie dann mit der Fähre die Werre überquerten, um im Wiehengebirge neu zu siedeln. Wenn auf dem damaligen Rehmer Fährhof dann auch ein Schimmel ein paar Generationen seine Dienste verrichtet haben sollte, dann ist die Sache vollkommen klar. Hinweise auf den Verbleib der Zwerge geben auch Beobachtungen  von Wanderern   im  Eidinghausener und Dehmer Teil des Wiehen.  Wenn man sich dort still verhält und auf den Wegen bleibt, hört man mitunter   das Getrappel und Gemurmel der Zwerge.  Das ist der sichere Hinweis darauf, dass  sie in dem Stollen  des Höhenzuges ein ungestörtes Leben führen. Die durch ihre Tarnkappen unsichtbaren Gesellen bekommt man nur selten zu Gesicht. Lediglich ein paar Spätheimkehrer vom „Wilden Schmied“ konnten in der Vergangenheit über das ein Zusammentreffen mit den Winzlingen berichten“.

1958: Ende der „Vössener Fähre“.

Heute, im Jahre 2005, erinnern noch zwei Masten, ein Fährhaus und der letzte Fährmann, Edgar Steinemann, an die Fähre über die Weser im Rehmer Ortsteil Babbenhausen. Während früher der Verkehr von Ufer zu Ufer durch Handkähne aufrecht erhalten wurde, richtete der Kolon und Fährmann Franz Kütemeier vor fast 150 Jahren neue Abfahrtsrampen, einmal in Holtrup und einmal in Babbenhausen, mit einer Wagenfähre ein. Ein Vertrag zwischen ihm und dem Königlichen Landrat von Schlotheim setzte in 12 Artikeln die Rechte und Pflichten des Fährmannes, den Pachtzins, die Bootsmaße usw. genau fest. Die Fähre lief an einer quer über den Strom gespannten Kette, die gelockert wurde, wenn ein Schiff passierte. Das bis zuletzt benutzte Hochseil wurde erst 1932 installiert. Seit 1858 hat es sechs Fähren gegeben, die sich in ihren Ausführungen immer den Sicherheitsbestimmungen der jeweiligen Zeit anpassen mussten. Ein Fährschiff wurde im 2. Weltkrieg gesprengt. Die Glanz-zeit, so erinnerte sich Adolf Kütemeier im Jahre 1956, war eng mit dem Brückenbau verbunden. Menschen und Material mussten mit der Fähre befördert werden. Als die Brücke fertig war, sank die „Vössener Fähre“ von Jahr zu Jahr bis zur Bedeutungslosigkeit herab. Nur die beiden Masten und ein Fährhäuschen zeugen von einem Verkehrsmittel, das einst unumgänglich war. So berichtete das „Mindener Tageblatt“ am 27. September 1956 über das Ende dieser nostalgischen Verbindung über die Weser. Heute ist Edgar Steinemann 74 Jahre alt und lebt mit seiner Frau Anneliese in der Nähe der früheren Fähre in Holtrup. Er ist ausgebildeter Fährmeister und hat selbst in Vössen noch Lehrlinge ausgebildet.

Nach dem Ende der Fähre arbeitete der vielseitige Handwerker in Rehme im Baugeschäft Hartwig und danach bei Ewald Siekmann am Sachsenweg, wo er Maschinen für die Möbelindustrie bediente. Mit berechtigtem Stolz zeigt der ehemalige „Kapitän zwischen Rehme und Holtrup“ seine von ihm mit sehr viel Liebe gebauten Schiffsmodelle.

Bei jedem Besucher kommt Begeisterung auf, wenn er die „Mayflower“ und die „Victoria“, maßstabsgetreue Nachbauten der englischen Armada, sieht. Mit Vollholz, Kupfer, Messing und Segeln aus Leinen wurden hier von einem Handwerker mit „Goldenen Händen“ echte Prachtstücke geschaffen. Wenn Edgar erzählt, hört man folgendes. „Die Holtruper Bauern brachten ihre Kartoffeln zum Dämpfen in die Bad Oeynhausener Molkerei an der Kanalstraße. Auch Vieh wurde mit der Fähre hin – und hergeschafft. Besuche von Ziegenhaltern beim Bock von Wilhelm Uphoff in Babbenhausen und den Besitzern von Schafen bei Schweppes Schafbock, waren zeitweise alltäglich. Die große Fähre war auf bis zu 15 Tonnen Zuladung ausgelegt.

Die Fotos zeigen die alte Fähre, das Fährhaus Vössen und den letzten Fährmann Edgar Steinemann zusammen mit Horst Jäcker vor dem Schiffsmodell „Mayflower“.