Bericht aus dem Anzeiger & Tageblatt vom 30. 1. 1974. Ich denke daß dieser Artikel von Otto Brinkmann verfasst wurde, den ich gut gekannt habe.
Ausgegraben von Horst Jäcker
Königliches Grenzpostamt in Minden mußte entscheiden.
Es ist heute für niemanden mehr ein Problem, sich zu jeder Tag – und Nachtzeit, mit der richtigen Zeit zu versorgen Überall gibt es Gelegenheit, die eigenen Zeitmesser mit der offiziellen Zeit in Einklang zu bringen. Der Rundfunk und das Fernsehen geben mehrere Male, innerhalb von 24 Stunden, die genaue Zeit an. Die Uhren der Bahn, der Post, der öffentlichen Gebäude und der kundenfreundlichen Geschäftswelt, halten es genauso. Dass dieser Idealzustand noch nicht allzu lange währt, läßt sich Unterlagen entnehmen, die allem Anschein nach vor genau 120 Jahren einige Gemüter in Minden, Vlotho und Rehme erhitzten. Dabei geht es um einen Briefwechsel, der 1844 zwischen dem Vorsteher des Königlichen Grenzpostamtes in Minden und dem Amtmann Poelmann in Vlotho geführt wurde.
Veranlassung zu diesem Briefwechsel gab der “Mangel an genauer Zeit“ in der Weserstadt am Amtshausberg. Man war einzig und allein auf die Kirchturmuhr von Stephani angewiesen, nachdem mit dem Abbruch des Rathauses, die Rathausuhr ihr Ticken eingestellt hatte. Der ehrenwerte Bürger und Uhrmacher Althoff hatte es übernommen, gegen eine entsprechende Gebühr, den Gang dieser Uhr zu überwachen. Als der Amtmann ihn wegen der unzuverlässigen Gangart dieses hochgestellten Zeitmessers zur Ordnung rief, konterte er mit gewichtigen Argumenten: Schließlich könne man keine Uhr in der rechten Gangart halten, wenn niemand einem die richtige Zeit sagen könne. Tag für Tag bemühe er sich auf der Rehmer Postexpedition, die genaue Tageszeit zu bekommen, leider ohne Erfolg, da man dort ebenfalls keine richtiggehende Uhr habe.
Von Amt zu Amt.
Der Tatbestand, die Auslastung des Althoff, war Grund genug für den Amtmann Poelmann, nach Minden ein Schreiben folgenden Inhaltes zu richten: „Wenn nun diesseits auch keineswegs ein Recht in Anspruch genommen werden soll, von der Postexpedition die Einsicht ihrer amtlichen Uhren zu verlangen, so wird eine solche seitens eines wohllöblichen Post – Amtes doch umso mehr gestattet werden, als dies hier bei sehr unvollkommenen Handwerkern einzige Mittel ist, eine Gleichmäßigkeit im Gange der Uhren zu bewirken. Eure Wohlgeboren ersuche ich daher ergebenst, eventuell die Postexpedition mit einer richtiggehenden Uhr geneigt versehen zu wollen. Prompt traf das Antwortschreiben folgenden Inhaltes ein: „Auf Euer Wohlgeboren sehr geehrten Antrag, die dortige Postexpedition mit einer richtiggehenden Uhr zu versehen, erwidert das Postamt ergebenst, wie es dazu nicht ermächtigt ist und ein Antrag bei der Oberbehörde deshalb als unstatthaft zurückgewiesen werden würde. Es ist lediglich Sache der Verwaltungsbehörde einer jeden Stadt, für den richtigen Gang der Turmuhren Sorge zu tragen, nicht aber, die Post dafür in Anspruch zu nehmen. Da bei der Postexpedition in Rehme die Stubenuhr des Postexpediteurs Delkeskamp stets nach der täglich daselbst durchgehenden Post – Cours – Uhr gestellt wird, so ließe sich bei dem vielen Verkehr zwischen Vlotho und Rehme sehr leicht ein Mittel finden, die Vlothoer Uhr danach zu stellen. Der Delkeskamp würde die Einsicht seiner Uhr für solche Fälle nie verweigern“.
Man sieht vor mehr als 100 Jahren, war es auch nicht leicht, mit der Zeit zu gehen, wenn man der Zeit voraus sein wollte.